Torsten Krug /// Regisseur / Sänger / Autor

Autor

Torsten Krug, geboren 1973 in Stuttgart, studierte Neuere deutsche Literatur, Musikwissenschaft und Philosophie in Tübingen und absolvierte eine klassische Gesangsausbildung. Nach seinem Magister arbeitete er als Regieassistent und Regisseur am Volkstheater Rostock sowie am Schauspiel Chemnitz und war Assistent u.a. von Katharina Thalbach und Katja Paryla. Seit 2006 lebt er als freier Regisseur, Sänger und Autor in Wuppertal.

Zusammen mit der Dramaturgin Uta Atzpodien (vormals mit der Musikerin Katrina Schulz) ist er Gastgeber des Literatursalons »Literatur auf der Insel« im Wuppertaler Café ADA, in den sie renommierte Autor*innen aus dem In- und Ausland einladen.

Als Herausgeber und Redakteur verantwortete er von 2016 bis 2019 die Literaturzeitschrift KARUSSELL mit.

Seit 2014 ist er Jury-Mitglied beim Deutschen Kinderhörspielpreis der ARD und der Filmstiftung NRW.

Ebenso seit 2014 gestaltet er als Kurator das Programm der Wuppertaler Literatur Biennale mit.

Buchveröffentlichungen: »Das Handwerk des Träumens. Georg Klusemann. Portrait des Künstlers in Selbstzeugnissen« (2015) und »In unserer Mitte. Gespräche mit syrischen Geflüchteten« (2017) .

Seit 2018 schreibt Torsten Krug regelmäßig Kolumnen in der Westdeutschen Zeitung für )) freies netz werk )) KULTUR.

Seit 2024 hat er einen Lehrauftrag für Theatergeschichte an der Folkwang Universität der Künste.


Aktuelles

Theaterstücke

Max und Moritz


Fassung von Torsten Krug nach Wilhelm Busch


UA: Volksschauspiele Ötigheim, Juli 2021

Ich kann des Nachts nicht schlafen vor lauter Ideen des Jahrhunderts


Eine Engelsmaschine


von Torsten Krug



UA: die börse Wuppertal, Januar 2021


Fast zwei Jahrzehnte, von 1850 bis 1869, lebt Friedrich Engels in Manchester ein Leben voller Widersprüche. Tagsüber »Baumwoll-Lord«, des Nachts revolutionärer Sozialist, wird er zum Mitbegründer einer Lehre, die seinen eigenen Klasseninteressen widerspricht. Um die kommunistische Sache voranzutreiben, unterstützt er Marx mit regelmäßigen Unterhaltszahlungen und steht ihm als Briefpartner mit Recherchen und Expertisen aus der kapitalistischen Praxis beim Schreiben zur Seite. Für Familie und Geschäftspartner muss er die Fassade des Besitzbürgers aufrecht erhalten. Als Bourgeois und Kapitalist mit repräsentativer Wohnung beteiligt er sich an der Fuchsjagd; privat unterhält er als Liebhaber der irischen Arbeiterinnen Mary und Lizzie Burns eine geheime Zweitwohnung.

Die Engelsmaschine macht die Parallelwelten und seine Verwandlungen zum Thema – wie auch den »ersten Klassengegensatz, der in der Geschichte auftritt«: »den Antagonismus von Mann und Weib«. Eine Frau von heute taucht ein in die Gedankenwelt von Friedrich Engels, die viel über unsere moderne Welt zu erzählen hat. Umgeben von Technik und Kameras, geht Engels auf Sendung, mit allen Widersprüchen.

Odyssee


Frei nach Homer

Fassung von Torsten Krug,

Übersetzung: Johann Heinrich Voß


UA: Wuppertaler Bühnen, Januar 2017


Nach zehn zermürbenden Kriegsjahren tritt Odysseus die Heimreise an – und ist noch einmal zehn Jahre unterwegs. Der Begriff »Odyssee« ist zum Synonym für eine lange Irrfahrt, Odysseus zum Inbegriff des suchenden Menschen geworden.

Eine Vision des Friedens ist in diesem Urmythos der abendländischen Kultur verborgen: das Bild des Gartens, des Ackerbaus – des Mannes, der das Ruder gegen einen Spaten tauscht ...

starting point. Carlfriedrich Claus


von Torsten Krug


UA: Schauspiel Chemnitz, Oktober 2005

Veröffentlichungen

In unserer Mitte


Gespräche mit syrischen Geflüchteten

Herausgegeben von Susanne Abbrederis und Cordula Fink-Schürmann
In Zusammenarbeit mit den Wuppertaler Bühnen

Mit Beiträgen von Christiane Gibiec, Dieter Jandt, Torsten Krug, Dorothea Müller, Sibyl Quinke, Hermann Schulz und Helge Lindh

Nordparkverlag. Die Besonderen Hefte
Heftbroschur mit Schutzumschlag
72 Seiten, 2017, handgeheftet, EUR 6.50 
ISBN 978-3-943940-37-4 

Das Handwerk des Träumens


Georg Klusemann. Portrait des Künstlers in Selbstzeugnissen

Herausgegeben von Torsten Krug
Mit einem Nachwort von Hermann Schulz

Georg Klusemann (1942-1981) hat als Maler, Zeichner, Grafiker, Dichter und Kinderbuchautor gearbeitet. Teile seines Werkes finden sich unter anderem im Museum of Modern Art in New York oder in der Albertina in Wien. Neben seinem vielschichtigen Werk, das in einer zweibändigen Monografie und durch verschiedene Ausgaben seiner Kinderbücher dokumentiert ist, hat Klusemann eine Fülle von Aufzeichnungen hinterlassen, die bis heute der Öffentlichkeit kaum zugänglich sind. Die Briefe, Tagebücher und Notizen des mit nur 39 Jahren verstorbenen Künstlers stecken voller Fantasie und Sinnlichkeit, Fabulierlust und Intimität. Das vorliegende Portrait bringt sie zum Sprechen. In einer Auswahl von Selbstzeugnissen, verbunden durch einführende Texte und angereichert mit zahlreichen Fotos aus dem Privatbesitz der Familie Klusemann, zeichnet es ein reiches kurzes Künstlerleben nach und erzählt vom mühsamen wie magischen Schaffensprozess, dem Handwerk des Träumens.

280 Seiten, 21,5 x 28 cm, Hardcover, Verlag HP Nacke Wuppertal, 48,- €
ISBN 978-3-942043-58-8

Kolumnen

Kultur gegen Brandstifter

24. Januar 2024


Vor fünfzehn Jahren – und genau 50 Jahre nach dessen Uraufführung – inszenierte ich am Stadttheater Annaberg-Buchholz den modernen Klassiker „Biedermann und die Brandstifter“ von Max Frisch. Damals las ich das Stück im Lichte der vor allem im Osten längst verwurzelten „Neuen Rechten“. Diese verzichtete – wie unsere „Brandstifter“ – zunehmend auf martialische Signale wie Springerstiefel, Glatzen oder Bomberjacken und etablierte sich in der Gesellschaft durch eine Doppelstrategie aus Einschüchterung und Anbiederung: Ihre Akteure spendeten Kuchen beim Kinderfest und Bälle für den Sportverein. Sie organisierten „Hausaufgabenhilfe und Ferienbetreuung“ oder fuhren „an die mitteldeutsche ‚Hochwasserfront‘, um Sandsäcke zu schleppen“ (Die Zeit, 21. Juni 2007). Nur hin und wieder entfesselte sich die Gewalt.

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Selig sind die Sanftmütigen

20. Dezember 2023


Heute fällt es mir schwer, nicht zwei Veranstaltungen, die beide am vergangenen Sonntag auf der Insel stattfanden, als Ausgangspunkt meiner Kolumne zu nehmen, ist es doch jenes volle Wochenende, das ich noch in den Knochen spüre und weshalb ich diese Zeilen mit Fieber schreibe – stärkere Eindrücke gab es nicht. Es begab sich aber zu der Zeit des Sonntags, dass am Morgen Hans Werner Otto sein neues Buch „Hier unten leuchten wir“ mit starker Musikbegleitung durch Tanja Kreiskott und Klaus Harms präsentierte: Vier Geschichten nach liebevollen Recherchen meist jüdischen Lebens in Wuppertal. Sehr viele waren gekommen und lauschten diesen Erzählungen von Vertreibung, Unterdrückung, Tod, aber auch der rührenden Geschichte um Ilse und ihre Pupse. Am selben Abend dann eine Veranstaltung der Armin T. Wegner Gesellschaft und des palästinensischen Partnerschaftsvereins Wuppertal-Salfit: „Friedliche Partnerschaft statt Hass und Gewalt“, der wir als Gastgeber – ich gebe es zu – mit leichter Sorge entgegensahen. Vorneweg: Es wurde ein großartiger, bewegender Abend.

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Wie kommen wir wieder raus ins „richtige Leben“?

15. November 2023

Letztens warb das sogenannte „Portal“ ARD Kultur in den sogenannten sozialen Netzwerken in einem Werbespot mit der feinsinnigen „Message“: „Für alle, die null Bock auf Theater haben …“ – garniert mit dem Bild einer zerrissenen Theaterkarte für die Saison 23/24 – „… gibt’s hier auch Konzerte, Kino oder Comedy“. – Wow! Ein erklärter „Kultur“-Kanal wirbt gegen das Theater für seine Inhalte, von denen einige, so das Kleingedruckte, „natürlich auch Theater“ seien. Die Werbeaktion ging ganz schön nach hinten los: nicht nur in der Theaterszene – es gab auch „null Bock auf Techno?“ – sorgte sie für Irritationen bis Ärger. Mal abgesehen davon, dass hier ein völlig überholtes Theaterverständnis und ein überholter Sprachgebrauch zutage treten, stellt der Kulturjournalist Stefan Keim in der Fachzeitschrift „Theater der Zeit“ fest: „Anscheinend hat ARD Kultur nicht nur keine Ahnung vom Theater, sondern auch nicht begriffen, was Kino ist. Online können Filme gezeigt werden, natürlich. Aber Kino ist das Gemeinschaftserlebnis von Menschen in einem Raum.“

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Kunst und Kultur für ein Morgen

11. Oktober 2023


Letzten Sonntag hörte ich das Masnavi-Duo auf der Insel im Ada: Ein polnischer Jazz-Pianist begegnete einem iranischen Spieler der persischen Geige namens Kamanche. Eine polnische Frau war wegen des Pianisten gekommen und filmte das halbe Konzert mit dem Handy. Sie wolle Werbung machen für dieses tolle Projekt, erklärte sie. Aus der Verbindung von scheinbar Unvereinbarem erwuchs etwas Unerhörtes, Neues: Persische Melodien in ihrer subtilen und vielfältigen Mikrotonalität erklangen vor dem Hintergrund der „westlichen“ Jazz-Harmonien. Das Klavierspiel wurde von der spirituellen Energie der Kamanche aufgeladen und vertieft.

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Durch ihre Augen

06. September 2023


Kürzlich hatte ich einen Gedanken, der mich bis heute nicht loslässt: Ich saß in einer Aufführung von „Zugvögel“ von Rainer Behr auf der Insel; der belarussische Tänzer Stsiapan Hurski war zum Zentrum und Ausgangspunkt eines Stückes geworden, das sich mit Fragen nach dem Menschlichen, nach der Liebe in Zeiten diktatorischer Gewalt und Unterdrückung sowie des Aufstandes gegen sie auseinandersetzte. Die Bilder und Töne, Körper und Texte waren so intensiv, dass mir klar wurde: Hier hat ein junger Mensch etwas erleben müssen, das mir (bis heute) erspart geblieben ist, und das seinen Weg in die Kunst finden durfte. „Wir“, das Land, das ihn aufgenommen hat und in dem er nun seine Kunst zeigen kann, profitieren in gewisser Hinsicht von dieser Kraft und Authentizität. Vieles, was Künstlerinnen und Künstler beispielsweise aus der Ukraine mitbringen, wirkt – bei allem Leid und aller Schwere des Erlebten – wie eine Belebung und Bereicherung auf das Theater, die Literatur, den Tanz, die Musik. Als ich mich bei jenem Gedanken ertappte, dachte ich auch sogleich: Es ist gut so. Es macht mich wach. Ich teile etwas Wichtiges und allgemein Gültiges mit anderen Menschen, und das ist kostbar.

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Der Wert von Pausen

09. August 2023

Letzte Woche, frisch aus dem erholsamen Berg-Urlaub zurück im grünsten aller Wupper-Täler, hatte ich gleich eine Probe mit unserer inklusiven Theatergruppe angesetzt. Premiere ist schließlich schon Ende September, und vor den Ferien waren etliche Proben ausgefallen. Diese stand von Beginn an fest im Probenplan. Trotzdem rief ich alle Beteiligten an und erinnerte sie an unser erstes Treffen nach der Sommerpause. Bei einigen hörte ich zaghaft heraus, dass ja noch Ferien seien. Ich sagte, ja, stimmt schon, doch wir müssten die Zeit nutzen! Sie hatten nichts anderes vor, viele waren nicht weggefahren, sie freuten sich auf das Theater – und doch kamen nur etwas über die Hälfte. Es waren schließlich noch Ferien!

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Die Jazz-Revolution fing in Wuppertal an – und geht weiter

28. Juni 2023


Und wieder ist einer gegangen, es war wohl Zeit. Offenbar friedlich ist Peter Brötzmann am bisher stürmischsten Tag des Jahres in seinem Bett in der Luisenstraße in Wuppertal verstorben. Es war seit Monaten absehbar, und doch ist es immer zu früh, kommt es schmerzlich überraschend.

Für mich reiht sich Peter Brötzmann ein in eine Reihe von Menschen, denen ich erst in ihrem hohen Alter begegnen durfte. Im Rahmen der Vorbereitungen zu seinem achtzigsten Geburtstag – noch in der Pandemie – lernten wir uns kennen und schätzen, nachdem ich ihn früher ein paar Mal auf der Bühne erlebt hatte. Ende August 2021 dann konnte Insel e.V. im Ada das dreitägige Festival „BRÖtz 80!“ ausrichten, das die herausragende Stellung dieses Ausnahmekünstlers feierte. In Wuppertal war es die erste große Veranstaltung nach dem Lockdown. Die Musikerinnen und Musiker und – für mich damals verblüffend – das Publikum kamen buchstäblich aus aller Welt: aus Polen, Frankreich, Schottland, Italien oder den USA waren Menschen angereist, um diese drei Tage in unserer Jazz-Stadt mitzuerleben. Es wurde ein überwältigender Erfolg, im Nachhinein fast seine „famous last words“.

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So tanz‘ ich schon seit tausend Jahr

Kultur braucht Teilhabe

24. Mai 2023


Letztes Wochenende war ich wieder einmal sehr verliebt in unsere „zahnbröckelnde Stadt“. Am Freitag hatte „die börse“ Weggefährten der letzten fünfzig Jahre zu ihrem Geburtstag eingeladen. Bewegt zollte Lukas Hegemann jenen „Giganten“ Respekt, auf deren Schultern er stünde, und meinte damit Menschen wie Dieter Fränzel, der den Abend eröffnen und Mitstreiter der ersten Stunde begrüßen konnte. Doch schnell wurde der Blick auf die Zukunft gelenkt: In einem lockeren World Café lauschten wir in mehreren Runden den Geschichten unterschiedlichster Menschen, immer mündend in der Frage: Was wünschen wir der börse für die nächsten 50 Jahre? Mir wurde an diesem Abend erneut bewusst, wie sehr dieser Ort noch immer von der Teilhabe der Stadtgesellschaft lebt: Theater mit Senioren, Schreibwerkstätten, politische Bildung – das alles findet oftmals unter dem Radar der breiten Öffentlichkeit statt und zeichnet doch bis heute den Kern des Engagements an der Wolkenburg aus. Hinzu kommt: Als großes, etabliertes Kommunikationszentrum mit durchaus kommerziellem Programm hat die börse zwar lange schon die Gesellschaftsform einer gGmbH, doch steht auch hinter ihr ein gemeinnütziger Verein, dessen jungen, diversen Vorstand wir an diesem Abend kennenlernen konnten und in dem sich Menschen unserer Stadt einbringen können und sollten. Diesen Aspekt wieder ganz nach vorne zu bringen, stünde dem alten Prachtdampfer gut. Herzlichen Glückwunsch!

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Wie uns Musik verbinden kann

19. April 2023

Vergangenen Freitag kamen bei uns wieder Konzertkarten zum Einsatz, die schon Jahre zuvor gekauft worden waren: Steve Hackett plus Band plus Sinfonieorchester plus Chor absolvierten in der Stadthalle gleich drei ersehnte Konzerte, nachdem sie, so Mr. Hackett, durch „the little thing called the pandemic“ immer weiter verschoben werden mussten.

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Erlesene Welten

15. März 2023


Galeria Kaufhof in Elberfeld schließt im Januar kommenden Jahres. Den Krankenhäusern in Deutschland geht es existenziell schlecht. Nur zwei Nachrichten von vielen, allein in den letzten Tagen, die sich einreihen in die nüchterne Erzählung des Kapitalismus. Das Kaufhaus von heute steht im Internet. Das Krankenhaus der Gegenwart ist zu einem wirtschaftlichen Betrieb verkommen (man stelle sich nur einmal vor, die Feuerwehr oder die Polizei hätten Gewinne zu erwirtschaften und wählten die Bearbeitung von Notrufen nach deren Rentabilität aus).

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Vom Weitergeben der Flamme

08. Februar 2023


In meiner ersten Kolumne im noch frischen Jahr schrieb ich über den Dialog zwischen den Generationen und fragte mich: Was bleibt? Heute werde ich schon wieder nostalgisch und möchte mein Staunen darüber teilen, wie sich die Bilder gleichen:

Neulich brachte uns Rainer Widmann ein Exemplar des „Wuppertaler Stadtbuchs 86/87“ mit. Die Älteren werden es kennen. Meine Frau und ich – als erst zwanzig Jahre später Zugezogene – kannten es nicht. Das Panorama der darin versammelten, mit Artikeln und Unmengen an Informationen unterfütterten Schlagworte reicht von „Umwelt“, „Wohnen“, „Lernen“ über „Kultur“, „Medien“, „Wirtschaft“ bis zu „Alte“, „Frauen“ (achtzehn Seiten), „Männer“ (eine leere Seite), „Frieden“ und „Sekt und Sekten“. Atmosphärische Schwarz-Weiß-Fotografien ergänzen das auf Schreibmaschine getippte, im „Sisyphos Verlag“ erschienene Buch, auf seinem Cover prangt eine Zeichnung von Eugen Egner. Es ist eine Zeitreise in die Wuppertaler Stadtgeschichte.

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Was bleibt?

Über den Dialog zwischen den Generationen und zwischen den Jahren

04. Januar 2023


Im Oberösterreichischen Hallstatt, im Innern des ältesten bekannten Salzbergwerks der Welt, entsteht seit etwa zehn Jahren ein analoges Archiv für die Menschheit. Analog deshalb, weil es Jahrtausende überdauern soll, und unser ganzer digitaler Kram, der so unsterblich tut, im Laufe nur weniger Generationen verfallen sein wird. Vint Cerf, der Vize-Präsident von Google und damit einer, der das von Informatikern so benannte »digital dark age« mitprägt, ist davon überzeugt: im nächsten Jahrhundert wird kein digitales Artefakt der heutigen Zeit mehr lesbar sein. Viele Datenträger haben eine kurze Lebensdauer oder werden unbrauchbar, wenn die Technik fehlt, um sie auszulesen.

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Kultur stärkt das demokratische Miteinander

30. November 2022


Neulich war ich wieder einmal bei den Hörspieltagen der ARD in Karlsruhe, einem dreitägigen Festival nur für das Hörspiel. Das gemeinsame Hören der nominierten Stücke zum Deutschen Hörspielpreis mit anschließender Jury-Diskussion, dem ich immer gerne beigewohnt habe, wurde leider aus dem Programm gestrichen – wohl aus Gründen der Geldknappheit. Das kann man jetzt nur noch im Netz. Auslöser dafür waren ursprünglich die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, sprich Kontaktbeschränkungen. Jetzt wurde es einfach dabei belassen. Na ja.

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Kunst gibt der Wahrheit eine Chance

26. Oktober 2022


Letztes Wochenende war ich gleich zweimal in der Oper: Samstags die Premiere von Luigi Nonos „Intolleranza“, sonntags „Die lustige Witwe“ – kontrastreicher geht es kaum. Beides waren gelungene Abende. „Intolleranza“ erinnerte mich an die Hochzeiten der Oper Stuttgart, die dieses schwer aufzuführende Stück ins Programm nahm und zu bedeutsamen Aufführungen führte. Der sonntägliche Besuch galt als Geburtstagsgeschenk meinem Vater, der keineswegs erklärter Operetten-Freund ist, dennoch gemeinsam mit uns Freude hatte an dieser Aufführung, die das Geschehen in biederen, schein-libertären 70er-Jahre-Welten ansiedelte, in der die transportierten Geschlechterbilder gerade noch so durchgehen mochten.

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Eine Stadt der vielfältigen Perspektiven

21. September 2022


Wo ein Wuppertal ist, sind auch Hügel. Sonst wäre ja da kein Tal. In unserer Stadt geht es rauf und runter, drunter und drüber – wer zu Fuß oder sonst wie mit seiner Körperkraft unterwegs ist, kann davon ein Lied singen. Das Schöne daran ist: Durch das Auf und Ab, die vielen verschlungenen Wege, Treppen und Kuppen eröffnet diese Stadt ständig neue Blickwinkel aufs Leben. Sollte das Stadtmarketing also einmal nach einem neuen Slogan für Wuppertal suchen, mein Vorschlag wäre: Wuppertal – Stadt der Perspektiven.

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Auf der Suche nach Sinn

17. August 2022


Seit gut einem Jahr entwickeln und proben die Schauspielerin Silvia Munzón López und ich mit der inklusiven Theatergruppe „Bamboo“ ein Stück, das am 29. September in der Färberei seine Premiere haben soll. Ich schreibe bewusst „soll“, obwohl ich daran glaube, dass diese Aufführung stattfinden wird. Denn dieses Jahr Theaterarbeit war so durchwachsen wie die Gesamtlage: immer wieder fielen Proben für längere Zeit aus, waren unsere Spieler verunsichert, wurden krank, sprangen ab, kamen wieder. Für einige aus der Gruppe, die es gewohnt waren, nur im Sommerhalbjahr zu proben, war es eine Zeit lang zu dunkel: bei einsetzender Dunkelheit kamen sie nicht zur Probe. Zuletzt ist ein kleiner engagierter Haufen übrig geblieben – und, das ist die gute Nachricht, in seinen Möglichkeiten mächtig gewachsen: Spielerinnen, die früher eher in der zweiten Reihe standen, blühen jetzt auf und behaupten sich; zum ersten Mal arbeiten wir mehr mit geschriebenem Text, auch mit Film. Gleichwohl setzen wir nach wie vor auf das unnachahmliche Improvisationstalent dieser Gruppe.

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Die Erzählungen Wuppertals

09. Juni 2022


Neulich beim Klimagespräch im einst schönen Schauspielhaus meinte ein Teilnehmer in Bezug auf Wuppertal, diese Stadt habe keine eigene Erzählung. Meine Kollegin Tine Lowisch griff diesen Faden in ihrer Kolumne auf und spann ihn weiter im Sinne von: Diese Stadt hat viele Erzählungen, ist divers, und genau das macht ihren Charme und – ja – ihren Reichtum aus. Vielleicht meinte jener Satz aber auch: „Diese Stadt weiß nicht, was sie hat“.

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Pflücke den Tag, pflücke die Kunst

04. Mai 2022


Kunst ist, wenn sie glückt, eine Konfrontation mit dem Augenblick, mit dem schieren Ereignis, dass etwas ist. Ein Klang, eine Stimme, ein Ton, ein Text, eine Farbe, ein Strich – im besten Fall führen sie uns in ein intensiveres Jetzt, oftmals mit anderen zusammen. Dieses Ereignis können auch andere Momente im Leben hervorrufen, doch in der Kunst versuchen es Menschen zu schaffen – ins Werk zu setzen – auf dass es sich immer wieder ereigne, für andere Menschen.

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Wir sind viele

30. März 2022


Heute knüpfe ich direkt an die Kolumne meiner Kollegin Tine Lowisch und ihrem Traum von einer Kultur der sozialen Gerechtigkeit an. Zwar glaube ich, dass Kunst- und Kulturschaffen sich freihalten sollte von moralischem Impetus – oft kann es so besser Seismograph oder Reibungsfläche sein –, doch teilen wir als Kulturschaffende sicherlich das Engagement für eine gerechtere Welt.

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Kann der Frühling kommen?

Über Kulturförderung und Corona-Hilfen

23. Februar 2022


Geht es Ihnen auch so? Seit Tagen durchforste ich die Programme verschiedener Kulturorte im Tal und notiere mir mögliche Veranstaltungsbesuche in den Kalender. Dabei bin ich schon bis in den April vorgedrungen. Mein Kulturhunger ist groß, und die Hoffnung, schon bald wieder „wie früher“ an Aufführungen, Lesungen oder Konzerten teilhaben zu können, steigt. Das Angebot ist breit: Zu den regulär geplanten Veranstaltungen kommen all jene, die in den letzten Monaten (erneut) verschoben wurden. Hinzu kommt: Es häufen sich die Signale aus der Kulturpolitik, dass Corona-Unterstützungen für Künstlerinnen und Künstler sowie für Kulturorte verlängert werden. Der kommende Frühling scheint für die Kultur in jeder Hinsicht ein Füllhorn an Möglichkeiten zu bieten.

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Wir erzählenden Affen

19. Januar 2022


Die Geschichte geht so: Hemingway sitzt mit einigen Freunden zusammen und wettet mit ihnen, er könne mit nur sechs Worten eine Geschichte erzählen. Alle legen ihm ihre zehn Dollar Einsatz auf den Tisch und Hemingway schreibt auf eine Serviette: „For sale: baby shoes, never worn.“

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Was fehlt, wenn Kultur uns nicht verbinden darf

15. Dezember 2021


Bevor ich diese Kolumne schrieb, habe ich nachgesehen: es ist schon die vierte in einem Dezember! Seit Januar 2018 gibt die Westdeutsche Zeitung Mitgliedern von „)) freies netz werk )) KULTUR“ wöchentlich diese Bühne. Freiraum für persönliche Gedanken einzelner Kulturschaffender, für Beobachtungen, die sonst unter dem Radar der Berichterstattung blieben.

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Sind wir schon bereit für Neues?

Über Nachhaltigkeit in der Kultur

10. November 2021


Seit ein paar Wochen pflegen meine Frau und ich ein Ritual, dem wir bisher nur im Urlaub Raum gaben: Wir beginnen jeden Tag damit, dass wir zusammen im Bett eine Kanne Kaffee trinken und über alles sprechen, was uns aus der Nacht in den Sinn kommt. Wir genießen diese wie geschenkte halbe Stunde sehr – kleine Inseln der Reflexion oder auch für Albernheiten. Manchmal geben sie mir das Gefühl, die Zeit verlangsamen zu können.

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Haben wir uns verloren?

06. Oktober 2021


Eigentlich handelt diese Kolumne von der sogenannten freien Kulturszene. Aktuell gehört die Oper Wuppertal auch ein wenig dazu. Vergangenen Sonntag eröffnete sie ihre Saison mit der Händel-Oper „Julius Caesar“. Bei der Begrüßung im Malersaal auf dem Gelände der Firma Riedel meine ich dem Intendanten Berthold Schneider die besondere Emotionalität dieses Ereignisses anzuhören: Seit Oktober 2020 konnten die Sängerinnen und Sänger nicht mehr in direkten Kontakt mit ihrem Publikum treten! Nach den Wirren der immer weiter verlängerten Schließungen durch die Corona-Schutzmaßnahmen hieß es im Sommer für die Oper „Land unter“, und so behilft sich das Ensemble mit Ausweich-Quartieren, leider auch außerhalb Wuppertals.

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Unser gemeinsamer Atem

01. September 2021


Es ist eine verrückte Zeit. Der Sommer des Aufatmens scheint vorüber, für die Geimpften und Genesenen soll ihm ein Herbst der Normalität folgen, ohne Masken, Abstand und Gedöns. Den Ungeimpften dagegen droht ein nicht nur symbolischer Lockdown: Sie sollen zu Hause bleiben – oder sich impfen lassen. Denn die Pandemie geht fast gänzlich unter ihnen weiter. Schneller und schneller infizieren sie sich und lassen auch die Zahlen in den Intensivstationen erneut steigen.

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Keine Angst, nichts bleibt beim Alten 

04. August 2021


Heute blicke ich von einer hohen Warte ins Tal der Wupper. Der Wanderurlaub in den Bergen der Steiermark entrückt das Kulturleben zu Hause. Der Blick in die Weiten lässt manche Sorgen an ihren Platz fallen oder sich gar in Luft auflösen.

Eine Frage jedoch lässt mich nicht los: Wie werden wir in naher Zukunft Kunst und Kultur machen können und welchen Stellenwert werden wir ihr geben?

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Der Besuch der alten Dame in Wuppertal

23. Juni 2021


Der Sommer ist da, und man glaubt es kaum. Seit Monaten fieberten wir dem Ende jenes Lockdown light entgegen – bald erscheint die ganze Pandemie wie ein flüchtiger Spuk. Doch wie in einem guten Horror-Film meldet er sich kurz vor dem Abspann zurück, und wir alle wissen: er ist nicht vorbei. Ganz abgesehen von dem Elend, das sich jetzt in den ärmeren Weltregionen ereignen wird. Denn auch das hat die Pandemie wieder deutlich markiert: die Spaltung zwischen arm und reich.

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Wir renovieren und zählen die Tage

Was macht ein geschlossener Kulturort?

19. Mai 2021


Heute schreibe ich nicht als Soloselbständiger meiner Zunft, sondern als Team-Mitglied eines Kulturvereins, des Insel e.V. Was macht so ein Verein, was macht ein Kulturort wie das Café Ada nach sechseinhalb Monaten „Lockdown light“, in denen keinerlei öffentliches und so gut wie kein internes Zusammenkommen möglich war und ist?

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Die Pandemie treibt Prozesse voran

14. April 2021


Eine Sängerin erzählte mir neulich von einer Probe, bei der ein Tenor ziemlich indisponiert gewesen sei. Er habe dann eingestanden, dass er in Zeiten von Corona eben kaum gesungen, geschweige denn geübt habe. Kürzlich las ich in dieser Zeitung über ein gestreamtes Konzert, der Bariton habe keine leichte Höhe gehabt, da musste ich wieder daran denken, auch wenn es vielleicht nichts damit zu tun hatte. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen: Ich habe es Monate lang kaum geschafft, mich zum Üben oder Einstudieren neuen Repertoires zu motivieren. Auch als Künstler arbeiten wir auf ein Ziel hin, immer wieder. Wenn dieses Ziel wegfällt, fehlt ein entscheidendes Moment. Sängerinnen proben eine Oper, die dann auf Eis gelegt wird und Wochen später plötzlich in einem Feldversuch vor getestetem Publikum aufgeführt werden soll. Also schnell alles wieder hoch holen!

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Angenehm betäubt?

Torsten Krug über die Sehnsucht nach Resonanz

17. März 2021


Beim letzten Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker gab es eine technische Innovation: 7000 Menschen auf der ganzen Welt hatten sich zuvor registrieren können, um am Ende des Konzertes via Handy Applaus zu spenden. Es muss ein gespenstischer Moment gewesen sein, als dem Dirigenten Ricardo Muti und dem Orchester im leeren Goldenen Saal des Wiener Musikvereins dieser virtuelle Applaus eingespielt wurde. Die „Polka schnell“ von Strauss, kommentierte Muti, sei „wie ein rasanter Zug, der in einem Bahnhof einfährt. Da erwartet man, dass jemand dort auf einen wartet und reagiert“.

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Die Firma in uns

Über die Fallstricke der Antragskunst

03. Februar 2021

Vergangene Woche verwandelte hier meine Kollegin Tine Lowisch ihre Wohnung in eine Art Bühne. Können wir nicht in die Welt, erschaffen wir die Welt eben in unseren vier Wänden. Modelleisenbahnen haben ja derzeit Hochkonjunktur. Die Welt als Modell, greifbar, veränderbar, wie schön wäre das! Es werde Nacht! Ich knipse die Zimmerbeleuchtung aus, und die kleinen Lämpchen in jedem Haus leuchten heimelig. Im Bahnhof Neustadt ist eines kaputt.
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Kann das weg?

Gedanken zur Kunst am Ende eines verdammten Jahres

31. Dezember 2020

In einem sehenswerten Beitrag auf 3sat über Frauen in der Theaterwelt berichtet eine Regisseurin davon, wie sie sich einmal geweigert habe, körperliche Gewalt gegen Frauen auf der Bühne darzustellen. Sie wolle das nicht reproduzieren. Der (männliche) Intendant hielt das für geboten, und da die Regisseurin auf ihrem Standpunkt beharrte, wurde ihr die Regie entzogen. Diese Haltung der Regisseurin beeindruckt mich. Ich kann sie gut nachvollziehen. Seit Jahren beschäftigen mich die Widersprüche, in die wir Theaterschaffenden geraten, indem wir auf der Bühne gesellschaftliche Phänomene anprangern und sie im Theaterbetrieb oft strukturell wiederholen.
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Das ist unsere Zeit!

Erst das Fressen, dann die Moral, brachte es Brecht auf den Punkt

25. November 2020

Nicht nur im Jahre Engels (war da was?) kann man es schreiben: Marx und Engels formulierten das Entwicklungsgesetz der menschlichen Geschichte als „die bisher unter ideologischen Überwucherungen verdeckte einfache Tatsache, dass die Menschen zuerst essen, trinken, wohnen und sich kleiden müssen, ehe sie Politik, Wissenschaft, Kunst, Religion usw. treiben können“. Erst das Fressen, dann die Moral, brachte es Brecht auf den Punkt. Selbstverständlich gilt dieser Materialismus auch für Künstler.
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Das große „Trotzdem“ – Kultivieren wir unseren Kontakt

Sichere und inspirierende Orte müssen bewahrt werden

21. Oktober 2020

Theater sind Orte, die sich mit Inszenierungen auskennen. Vor einigen Wochen waren meine Frau und ich auf einer Premiere im Schauspielhaus Bochum. Im Foyer treffen wir auf mehr Einlasspersonal als Publikum. Wir warten auf Gäste, die in der Mitte der Reihe gebucht haben; erst dann können wir, die weiter außen sitzen, in den Theaterraum eingelassen werden. Bei den Verspäteten handelt es sich um ein junges Paar, das sich kurzzeitig trennen muss: er betritt den Saal von rechts, seine Freundin muss auf die andere Seite des Gebäudes, dann sitzen beide wieder nebeneinander in der Mitte. Die Premiere kann mit einer Viertel Stunde Verspätung beginnen.
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Ausgehustet

Das Publikum ist rar geworden

16. September 2020

Ein aktueller Cartoon von Til Mette zeigt vier Musikerinnen und Musiker, die von der Bühne aus in einen leeren Zuschauerraum blicken. Eine Art Saaldiener weist auf den einzigen Zuhörer mit den Worten: „Werte Künstler, heute Abend wird das Publikum gespielt von Tim Schröder aus Herten.“
Ja, das Publikum ist rar geworden in unseren Theatern, Konzertsälen und sonstigen Spielstätten. Nicht etwa, weil es das Interesse an den dort allmählich wieder gewagten kulturellen Ereignissen verloren hätte, sondern zu seinem eigenen Schutz. Auch wenn der soloselbstständige Zuhörer in dem Cartoon seine Anreise womöglich dicht gedrängt im Bus oder in der Bahn verbracht hat und übermorgen eine Geschäftsreise im vollbesetzten Flieger antritt, kann er sich in unseren Theatern so sicher fühlen wie in einem OP-Saal. Kafkas Parabel vom Torhüter kommt mir in den Sinn. Der einzige Zuhörer fragt den Saaldiener immer wieder, wann denn das Publikum einträfe, doch am Ende muss er erkennen: Dieses Konzert war nur für ihn – und wir schließen diesen Ort jetzt.
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Kultur ist relevanter denn je

Raus aus der Höhle

12. August 2020

Auf einer Geburtstags-Party vor einigen Jahren erfuhr ich, wie reich Wuppertal an Bunkern und Höhlen sei. Der Mann erzählte mir von verzweigten Gängen und unterirdischen Räumen, gar Hallen, zu denen er Zugang habe und regelmäßig Gruppen führe, um dort zu fotografieren.

Das kam mir jetzt in den Sinn, als ich nach einem Bild für den Zustand unserer Sparte der Kulturschaffenden suchte, zu denen ich selbst zähle: Viele von uns haben die letzten Monate wie in Höhlen verbracht, ich scheue mich zu sagen: in Bunkern, da ich den Vergleich mit einem Krieg für unangemessen halte. Dass ein Teil unserer Arbeit in dieser besonderen Stadt dennoch sichtbar werden konnte, haben wir den vielen Engagierten unter uns zu verdanken, auf die wir hier schon mehrfach hinweisen durften.
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Flanieren als künstlerischer Akt

Gedanken über das Sichtbarsein

08. Juli 2020

Auf Arte lief jahrelang die legendäre Reihe „Durch die Nacht mit …“: Zwei mehr oder weniger prominente Menschen aus dem Kulturleben wurden nachts in ein Taxi gesetzt und sich selbst überlassen. Unterwegs waren einige Begegnungen und Orte des Verweilens für sie arrangiert, ansonsten war es an ihnen, miteinander ins Gespräch und bestenfalls sich näher zu kommen. Nur Wenige verführte die Kamera zur Selbstdarstellung. Meist entstanden Momente von ungewöhnlicher Nähe und Authentizität, die mich als Zuschauer tatsächlich teilhaben ließen an einer Begegnung.
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Spielen am Abgrund

Ist das System noch relevant?

03. Juni 2020

An Pfingsten, dem Fest, an dem Geist über uns kommen soll, haben rund 50 Berufsmusikerinnen und -musiker nahe der Tagebaukante Garzweiler Beethovens 6. Symphonie aufgeführt, um gegen den Klimawandel ein Zeichen zu setzen. Beethoven liebte die Natur, in seiner „Pastorale“ hat er dieser Liebe Ausdruck gegeben.
Gibt es ein besseres Bild für unsere derzeitige Lage? Wir spielen am Abgrund – Pandemie-bedingt vereinzelt, gleichwohl verbunden, mit wenig Präsenz-Publikum, dafür mit noch mehr Ringen um Symbolkraft. Der Abgrund ist der ungehindert fortschreitende, menschengemachte Klimawandel und der weiter verantwortungslose Umgang mit unseren Lebensgrundlagen, mit Mensch und Tier. Doch der Abgrund ist auch: die existenzielle Bedrohung der Künste selbst. Wann werden wir uns alle unter für selbstverständlich gehaltenen Umständen wiedersehen?
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Ins Digitale und wieder zurück

Kunst und Kultur verlangen nach neuen Räumen für Begegnung

29. April 2020

Lockerungen! Was für ein verführerisches Wort! Haben wir nicht alle genug Zeit in diesem Alptraum verbracht? Haben wir nicht einen Anspruch darauf, belohnt zu werden für unsere Disziplin, unsere Einsamkeiten, Verluste, unsere Genügsamkeit? Nach einem im Vergleich mit anderen Ländern leichten wie kurzen Lockdown möchten viele zurück zur „Normalität“, was immer das ist. In einem Interview in der Taz mit dem SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach lese ich, dass das Virus noch bis 2022 unser Leben bestimmen werde, mit Masken, Abstandsgeboten und Hygieneregeln. Für Großveranstaltungen, aber auch Kneipenbesuche sieht Lauterbach noch lange schwarz. Maßgebliche Virologen und auch die Kanzlerin warnen davor, das bisher Erreichte leichthin zu verspielen.
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Nicht möglich! Was das Virus uns zeigt

Schöpferischer Mut - das Gebot der Stunde

25. März 2020

Corona, lateinisch für Kranz oder Krone, im antiken Rom ursprünglich ein Schmuck für Gottheiten und Tempel, später Auszeichnung für künstlerische Verdienste im friedlichen Wettstreit. Wuppertal zeigt in der aktuellen Krise sein großes Potential. Auf allen Kanälen funkt die Kultur, funkt aus dem Tal heraus ins Zweidimensionale der heimischen Bildschirme. Ein kleiner Ersatz für die lebensnotwendige Resonanz. Im Netz können wir aktuell mehr Wuppertaler Kultur live erleben denn je. Und sie unterstützen! Virtuelle Kneipenbesuche sind möglich, wir bestellen ein „Bier für danach“ oder lassen unseren Namen in einen Holztisch im Hutmacher schnitzen. Zwischendurch rufen wir das Lyrik-Telefon an.
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Wir sind ein Chor

Torsten Krug über gemeinsame Kulturarbeit

19. Februar 2020

Es war eine symbolische Szene vergangenen Samstagabend im Opernhaus: Kurz vor dem Festakt zur Eröffnung des Engels-Jahres waren Akteure und Künstler zu einem gemeinsamen Foto geladen. Ein nicht unbedeutender Teil der Wuppertaler Kunst- und Kulturszene drängte sich im Foyer zusammen wie eine Schafherde – und war trotzdem von keiner der zahlreichen Kameras einzufangen.
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Der Kultur ein Zuhause

Torsten Krug über die Wiederkehr des Salons

22. Januar 2020

Wir kennen die Bilder aus Zeiten Franz Schuberts, auf denen ein illustrer Kreis von Damen und Herren, um einen Flügel gedrängt, andächtig einer Sängerin oder einem Dichter lauscht. Schubert selbst hat seine Lieder nie in einem größeren Konzertsaal gehört. Das war nicht der rechte Ort für diese intimen Äußerungen, das Hammerklavier gab die Lautstärke dafür auch gar nicht her.
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Von Künstlerin zu Künstler: Wie der Einstieg gelingt

Über das Mentoring-Program der Folkwang-Uni.

11. Dezember 2019

Die Folkwang-Uni in Essen hat ein neues Mentoring-Programm, das bewusst interdisziplinär angelegt ist. Künstlerinnen und Künstler, die kurz vor ihrem Abschluss stehen, treffen dabei auf Freiberufler aus unterschiedlichen Fachrichtungen. Auf dem Weg nach Essen, als frisch berufener Mentor, denke ich mir: Was willst Du denen erzählen? Ist doch jede Künstlerinnenlaufbahn so individuell, gibt es kaum Vorbilder für das eigene Schaffen, und wenn ja, sollte man ihnen folgen? Ich denke mir: Bestenfalls lernst Du etwas über dich selbst.
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Die Kunst als Lagerfeuer

Torsten Krug über die Bedeutung von Kulturorten.

13. November 2019

In meiner Eigenschaft als Jurymitglied für den Deutschen Kinderhörspielpreis der ARD und der Film- und Medienstiftung NRW durfte ich vergangene Woche wieder zu den jährlichen Hörspieltagen nach Karlsruhe reisen und dort Erstaunliches erleben: Viele Menschen sitzen in einem Raum und hören gemeinsam ein Hörspiel. Danach lauschen sie der Diskussion der Jury (einer anderen, nicht der meinen) und den Gesprächen mit Macherinnen und Machern. Ich sitze dann da und frage mich: Hättest du das zu Hause, am Laptop oder live im Radio auch so gehört? Abgesehen von den Diskussionen natürlich: Hätte Dich diese Arbeit so erreicht wie hier und jetzt in diesem abgedunkelten Saal im Zentrum für Kunst und Medien in Karlsruhe?
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Wir schaffen eine Insel

Torsten Krug über die Gründung eines neuen Kulturvereins.

16. Oktober 2019

Wir befinden uns im Hinterzimmer eines der traditionsreichsten Kulturorte Wuppertals. Die Beleuchtung ist schummrig. Um eine lange Tafel versammeln sich Akteurinnen und Akteure der Wuppertaler Kunst- und Kulturszene, ein Rechtsanwalt, ein Unternehmer, eine Rentnerin. Uns alle vereint in diesem Moment ein gemeinsames Ziel. Und so klingt es an, dieses altmodische Wort, vor dem mich Ältere einmal warnten, sind doch die Menschen so kompliziert – im Verein.
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Inszenierung von Politik

Das Freie Netzwerk Kultur lädt zur Debatte über „Kunst gegen Rechts“.

18. September 2019

Seit Sonntag ist auf zdf.de der Versuch eines Interviews mit Björn H. zu sehen. Indem ich davon schreibe, werde ich schon Teil des Problems. Herr H. wird in diesem Video vorgeführt, möchte man meinen, doch gleichzeitig bekommt er eine Menge Aufmerksamkeit, die wir ihm doch gerade nicht geben wollen. Haben Sie`s gesehen?
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Die geballte Energie engagierter FrauenMakel

Torsten Krug vom Freien Netzwerk Kultur über die Stimmen der Sängerinnen.

21. August 2019

Der Wuppertaler Chor, von dem ich rede, trägt seine positive Energie schon im Namen: WoW – als Abkürzung für „Women of Wuppertal“. Seine Sängerinnen stammen aus vielen Kulturen der Erde und leben in Wuppertal. Gesungen wird in den jeweiligen Herkunftssprachen und auf Deutsch. Hayat Chaoui leitet den Chor: „Wir definieren uns über das gemeinsame Tun im Augenblick, nicht darüber, woher wir kommen, welchen Bildungsstand wir haben, oder wie gut wir deutsch sprechen. Wir lernen voneinander und miteinander durch das Erarbeiten unserer Lieder.“ WoW ist ein Angebot der Bergischen Musikschule in Kooperation mit Alpha e.V. (Soziale Dienstleistungen) und wird gefördert durch das Jobcenter Wuppertal.
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Der Homo ludens im Sommerloch

Torsten Krug vom Freien Netzwerk Kultur über das gemeinsame Spielen.

24. Juli 2019

Heute kann ich einmal nicht von Wuppertal sprechen. Zu voll bin ich von den Eindrücken einer Arbeit mit einem halben Dorf. Und doch ist dieses Dorf auch ein Beispiel für Wuppertal, ein Mikrokosmos. Ein Wunder, wenn man so will.
Seit 1906 steht in Ötigheim bei Karlsruhe eine Freilichtbühne. Der damalige Pfarrer Josef Saier, der seine Liebe zum Theater lebenslang bewahrte, hat diese Bühne gegründet. Eine bespielbare Fläche von 174 Metern Breite und 62 Metern Höhe macht sie zur größten Bühnenanlage Deutschlands. Aus Sorge um die örtliche Jugend, die sich dem Dorfleben durch zunehmende Industriearbeit zu entfremden droht, sucht Saier nach einer Beschäftigung, die den Menschen Sinn und Halt geben und sie vom Herumlungern in Gasthäusern abhalten soll. Bis heute bespielen die Ötigheimer jeden Sommer ihre einmalige Bühne. Werke der Weltliteratur, Opernklassiker, Märchen und Musicals stehen auf dem Programm. Die künstlerische wie organisatorische Arbeit der „Volksschauspiele“ umspannt das ganze Jahr und gibt ihm seinen Rhythmus.
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Die Stunde der Radikalität der Jungen und der Kunst

Torsten Krug vom Freien Netzwerk Kultur über die Rückkehr der Utopien.

19. Juni 2019

Mitte Mai hielt der bisher nicht unbedingt als politischer Autor hervorgetretene Daniel Kehlmann in Wien eine Rede. Es war seine Dankesrede für den Anton-Wildgans-Preis. Möchten die Entscheidungsträger der Österreichischen Volkspartei, fragte er darin, nicht „endlich jene Gestalten, deren dummdreiste Vulgarität Ämter herabwürdigt, die man ihnen nie hätte anvertrauen dürfen, nach Hause schicken und dafür sorgen, dass man die Luft in diesem Land wieder atmen kann?“ Wenige Tage später geschieht, was der Autor sich wünscht: die Auflösung der Österreichischen Regierung. Kehlmann beteuert, er habe nichts vom Strache-Video gewusst. Zuvor hatte bereits Franzobel, ein anderer österreichischer Schriftsteller, in seinem Krimi „Rechtswalzer“ vieles vorweggenommen, was sich in den darauffolgenden Wochen als reales Politdrama abspielte.
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Schönheit im Makel

Torsten Krug vom Freien Netzwerk Kultur über die verbindende Kraft von Literatur.

29. Mai 2019

Vergangenes Jahr hatten wir den Schriftsteller und Japan-Begeisterten Christoph Peters bei „Literatur auf der Insel“ zu Gast. Als Zugabe brachte er einige zum Teil Jahrhunderte alte Teeschalen mit, die er behutsam auspackte und präsentierte. Zu jeder konnte er eine Geschichte erzählen. Bei ihm zu Hause stehen sie dutzendweise im Regal. Ein besonderer Gedanke, der mich seither begleitet, ist der des „Kintsugi“, der traditionellen Art, gesprungene Keramik zu reparieren. Wenn eine Teeschale zerbrochen ist, versucht „Kintsugi“ nicht, die Makel der Reparatur zu verbergen, sondern hebt diese durch die Verwendung von Gold- oder Silberpigmenten im Lack hervor – und schafft so eine völlig neue Schönheit und Wertschätzung des ursprünglichen Objekts. Die Ästhetik, die hinter „Kintsugi“ steckt, ist „Wabi-Sabi“ und bedeutet so viel wie: die Schönheit im Vergänglichen, Alten oder Fehlerhaften erkennen. Eine einst zerbrochene Teeschale ist nicht weniger wert als eine makellose, neue Schale, sondern erlangt durch die aufwendige Restauration einen einzigartigen, unschätzbaren Wert.
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Erinnern an die Zukunft

Torsten Krug vom Freien Netzwerk Kultur über Kunst als Zukunftsraum.

17. April 2019

Letztes Jahr fand ich im Archiv des Wuppertaler Schriftstellers Karl Otto Mühl ein kleines vergilbtes Faltblatt – die Ankündigung für einen Leseabend der Künstlervereinigung „Der Turm“ mitten im zerstörten Wuppertal. Ein Foto davon habe ich seither auf meinem Handy gespeichert. In dieser Ankündigung schreibt der Schriftsteller Paul Pörtner: „Bestimmte Züge haben (...) die Künstler aller Zeiten gemeinsam. Dem Künstler sind die Erscheinungen der Zeit – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – in einem einzigen Augenblick stärker bewußt als den meisten Menschen. Er überblickt gleichsam die Landschaft des Lebens.“
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Wir Un-vollendeten

Torsten Krug vom Freien Netzwerk Kultur über Kunst im Angesicht künstlicher Intelligenz.

27. Februar 2019

Kürzlich erzählte ich meiner Gesanglehrerin Elena Fink, dass ein Smartphone von Huawei – jenes chinesischen Konzerns, dem auch Industriespionage nachgesagt wird – Schuberts siebente Sinfonie, die sogenannte „Unvollendete“ fertig komponiert habe. Dazu war die Künstliche Intelligenz eines „Mate 20 Pro“ mit den beiden existierenden Sinfonie-Sätzen gefüttert worden. Die Meinungen nach der Uraufführung in London gingen auseinander. Meine Gesanglehrerin, erfahrene Künstlerin auf Opernbühnen im In- und Ausland, kann dazu nur müde lächeln.
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Zwischen Alltag und Fest

Torsten Krug über Selbstdarstellung als Künstler und als Stadt. 

30. Januar 2019

Seit Wochen komme ich kaum zum Arbeiten. Das heißt: Ich arbeite halbe Nächte durch, kürzlich bis drei Uhr morgens, jawohl. Dann kann ich nicht schlafen vor Müdigkeit und Gedanken an das, was wieder liegen geblieben ist. Denn es ist nicht originär künstlerische Arbeit, die mir die Zeit raubt. Ich arbeite – wie schnöde – an meiner neuen Homepage. Die alte steht seit Sommer still und kann nicht mehr bestückt werden. Die neue will mithilfe eines superkomplexen Baukastens aufgebaut werden, den ich mir nerdhaft in wochenlangem Trial and Error erschließe. Meine Lust an Design und Augenarbeit hat ein alles absorbierendes Spielzeug bekommen. Der Stolz des Digital Natives, der ich gerade noch bin, untersagt es mir, diese Aufgabe aus der Hand zu geben.
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Alle Menschen werden Geschwister

Torsten Krug vom Freien Netzwerk Kultur über Bad Banks und die Kunst als Katharsis.

01. Januar 2019

Unmittelbar vor und kurz nach Weihnachten haben mich zwei Dinge besonders beschäftigt, die merkwürdig miteinander korrespondieren. Das eine war wie eine vorgezogene Weihnacht, ein „frohes Fest“: Aeham Ahmad, der „Pianist aus den Trümmern“ Syriens, gab ein leidenschaftliches Gastspiel im übervollen Café Swane, zusammen mit dem aus Geflüchteten entstandenen Ensemble „Al Watan“. Ich durfte an diesem 23. Dezember aus seiner Autobiografie „Und die Vögel werden singen“ lesen. Das zweite – man möge mir diese krude Verbindung nachsehen – war die Fernsehserie „Bad Banks“, die man noch bis Mitte Februar in der ZDF-Mediathek finden kann.
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Ins Offene, Freund!

Torsten Krug vom Freien Netzwerk Kultur über Kunst und Leben als Störfaktor.

04. Dezember 2018

Beim letzten Jour fixe des Freien Netzwerks Kultur zum Thema „Kunst trifft Wirtschaft“ berichtete der aus Wuppertal stammende Performer Daniel Hörnemann inspirierend von seiner Arbeit als Störfaktor. Unternehmen zahlen ihm Geld dafür, dass er bei ihnen künstlerisch interveniert. Er sitzt dann – so stelle ich mir das vor – wie ein Außerirdischer in Gremien und beobachtet das Treiben der Anderen. Manchmal zieht er auch gleich mit seinem Atelier in ein Großraumbüro ein. Wenn er dann eine Weile lang mitbekommen hat, wie alles so läuft, klebt er einen ausgetrampelten Pfad zum Kopierer mit Absperrband zu und zwingt so die Leute, neue Wege zu gehen. Dies ist ein Sinnbild dafür, was in Köpfen und womöglich Herzen von Unternehmen passieren kann: Die Störung kann produktive, gar heilsame Kräfte entfalten. Das gibt mir zu denken. Es stimmt schon: Künstlerinnen und Künstler sind Experten darin, etwas noch nicht zu wissen, eine gewisse Unordnung – das Chaos vor der Schöpfung – auszuhalten; darin, sich selbst und ihre Vorhaben ständig neu zu erfinden und zu hinterfragen. Diese Muskeln sind bei uns gut trainiert. Man kann von uns lernen.
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Kunst feiert die Vielfalt

Torsten Krug vom Freien Netzwerk Kultur über Improvisation und das Unversöhnbare in uns selbst.

06. November 2018

Seit zwei Jahren arbeite ich mit einer Gruppe beeinträchtigter Schauspielerinnen und Schauspieler. Ich habe schon viel von ihnen gelernt. Keiner von ihnen ist in der Lage, einen Text auswendig zu lernen oder ihn exakt wiederzugeben. Dafür improvisieren sie viel zu gut. Unsere Stücke, die wir in der Färberei aufführen, folgen einer Vision, Absprachen, einem dramaturgischen Bogen – und sind doch in jedem Augenblick improvisiert. Als sei es das erste oder das letzte Mal. Ganz wie im Leben.
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Die beste Zeit unseres Lebens

Torsten Krug über den Spagat zwischen Kunst und Engagement.

19. September 2018

Der Kulturherbst beginnt, allerorten eröffnen Premieren neue Spielzeiten, starten Ausstellungen, drängeln sich Filme in Kinos, locken Konzerte; der Bücherherbst stapelt Geschichten zu „Scheiterhaufen“, wie sie ein Freund nennt, weil man an ihnen nur scheitern kann. Doch irgendwie bin ich (noch) nicht bereit. In meiner letzten Kolumne dachte ich darüber nach, dass uns für all das die Zeit fehlt. Jetzt hält es mich kaum zu Hause, es zieht mich – in den Wald.
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Klima-Feiertage: Mal eben die Welt retten

Torsten Krug fordert mehr Zeit für Klima, Kultur und sich selbst.

08. August 2018

Diesen Sommer fahren wir nicht weg. Zum einen gibt es — wie immer — ganz viel zu tun. Zum anderen ist Wuppertal im Sommer so schön. Unser Balkon ist viel ruhiger, weil weniger Autos vorbeifahren. Unentdeckte Seen locken, Freibäder, viele Stapel Bücher, das Ölbergfest, die „Critical Mass“ — oder einfach das Bett. Diesen Sommer erlebe ich wie sonst nur die Zeit zwischen den Jahren. In meinem Browser habe ich verschiedene Lesezeichen-Ordner. Einer davon trägt den Titel „Später“. In den packe ich alles, was ich hochinteressant finde, für das mir aber im Moment die Zeit fehlt. Er ist mit Abstand der größte Ordner. Von Zeit zu Zeit scrolle ich durch die darin versammelten Links. Klicke ich einmal einen an, ist dieser meist „nicht mehr verfügbar“. Mein Ordner der verpassten Möglichkeiten wächst und wächst. Ich stelle mir vor, er enthält Antworten auf alle wichtigen, sagen wir ruhig: die wichtigsten Fragen: Wo geht es hin? Wie schaffen wir das? Was kann ich tun? Oder auch: Aussteigen aus allem? Wohin? Geht das überhaupt? -, doch ich komme halt nicht dazu.
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Mit Kunst und Kultur in die Zukunft

Torsten Krug blickt auf das erste Jahr zurück.

27. Juni 2018

Wir sind Einzelne. Wir sind frei. Wir vernetzen uns. Wir schaffen Werke. Alles für die Kultur. Das Bündnis Freies Netz Werk Kultur aus Kulturschaffenden Wuppertals und der Region bildet seine Widersprüche und Spannungen bereits in der Namensgebung ab. In seiner ersten Mitgliederversammlung nach Vereinsgründung im Mai 2017 erscheint das Wagnis gelungen. Kaum zu glauben, was in einem Jahr alles angestoßen wurde.
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Wie mir „die Alten“ die Hand reichten

Torsten Krug fragt, was ein Netzwerk ist — und würdigt Hermann Schulz.

16. Mai 2018

In der ersten abendfüllenden Lesung der aktuellen Literatur Biennale teilte John von Düffel mit seinem Publikum die Beobachtung, dass im Verhältnis der Generationen zueinander sich etwas verkehrt habe: Konnten früher die Älteren zu den Jüngeren etwa sagen „Diese Erfahrung wirst Du auch noch machen“, so machten die Heranwachsenden heute Erfahrungen, die bereits Mittvierziger niemals mehr machen würden. Die Jungen — bedingt durch die Digitalisierung unserer Welt — hätten den Älteren etwas voraus, und nicht mehr, wie früher, umgekehrt.
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Der Reichtum des Schaffens

Torsten Krug über künstlerische Arbeit und warum diese unbezahlbar sein kann.

28. März 2018

Vor kurzem sprach ich mit meinem Freund Sebastian, der ein verdammt guter Schauspieler ist, übers Leben und über unseren Beruf. Dabei fiel uns auf, dass wir in den vergangenen Jahren eine verwandte Haltung entwickelt haben: Wir begeistern uns für das, was wir tun, und wählen unsere Aufgaben sehr bewusst. Wir könnten sogar so weit gehen zu sagen: Fast alles, was wir tun, würden wir auch unentgeltlich leisten, wenn wir genug Geld zum Leben hätten. Glücklicherweise werden wir dafür bezahlt — und finden natürlich auch darin Bestätigung.
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Kultur zur Stunde Null

Torsten Krug erinnert an die Künstlervereinigung „Der Turm“ und gratuliert Karl Otto Mühl zum 95. Geburtstag.

21. Februar 2018

In meiner ersten Kolumne im Namen von „Freies Netz Werk Kultur“ habe ich darauf hingewiesen, dass dieser neue Impuls im Tal Tradition hat. Und so möchte ich heute erinnern an eine der wichtigsten und prägenden Künstler-Vereinigungen der Nachkriegszeit, deren Widerhall nicht auf das Tal der Wupper beschränkt blieb: „Der Turm“.
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Wuppertal ist die Stadt der Macher

Das Freie Netz Werk Kultur veröffentlicht jetzt wöchentlich eine neue Kolumne in der WZ.

10. Januar 2018

Künstlerinnen und Künstler brauchen das Alleinsein. Sie wollen mit dem, was sie „Kulturbetrieb“ nennen, nichts zu tun haben und arbeiten im Stillen an ihrem Lebenswerk. Findet dieses keine oder nur wenig Beachtung, verbittern sie zusehends und wissen, wer daran schuld ist. Soweit das Klischee.
In Wuppertal leben — möglicherweise aufgrund der (noch) verhältnismäßig günstigen Mieten, vielleicht aber auch, weil das Tal seit jeher eine fast mystische Anziehungskraft besitzt — viele Künstlerinnen und Künstler. Und: Wuppertal gilt als die „Stadt der Macher“.
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